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Burgen
ABC
Vom Leben
auf der Burg
Kinderburg
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Die
Art und Weise, wie sich das Leben auf einer Burg abspielte, hing neben dem
gewählten Standort und der zugedachten Funktion maßgeblich vom sozialen
Stand des Burgherrn ab. Handelte es sich um einen Landesfürsten, so
wohnte dieser in der Regel auf einer Großburg mit Dienstadligen und
Soldaten, zahlreichen Knechten und Mägden. Ein landsässiger Angehöriger
des Niederadels bewohnte dagegen eine sehr viel kleinere Burganlage,
zusammen mit seiner Familie und einer Handvoll Bediensteter.
Dennoch
waren die meisten Burgen kalt, zugig und dunkel.
Ihre dicken Mauern
kühlten schnell aus, und mit Ausnahme der Repräsentationsräume wurde
ihr Inneres oft nur durch kleine Fensteröffnungen und Sehschlitze
erhellt, die man im Winter notdürftig mit Holzläden, Fellen und Häuten
gegen das Eindringen der Kälte verschloss. Die Möglichkeit der
Beheizbarkeit stellte ein wichtiges Kriterium der Wohnqualität dar. Aus
dem lateinischen Wort „caminata“ für Kamin entwickelte sich die
Bezeichnung Kemenate. So wurden nicht nur die Frauengemächer genannt,
wie
immer noch oft angenommen wird, sondern alle beheizbaren Räume einer
Burg.
Selbstverständlich war auch der gesellschaftliche
Mittelpunkt der Burg, der meist im ersten Stock eines Wohnturms oder eines
Palas untergebrachte Saal, mit einem großen Kamin ausgestattet.
Eindrucksvoll zeugen beispielsweise in der Pfalz Gelnhausen die großen
Kaminwangen und verzierten Säulen von der Bedeutung der Feuerstelle.
Wenngleich man aus Prestigegründen den offenen Wandkamin
in Halle oder Saal weiterhin beibehielt, nutzte man ebenso den seit dem
Ende des 11. Jahrhunderts nachgewiesenen und sich rasch verbreitenden
Kachelofen, der eine enorme heiztechnische Verbesserung brachte.
Die
Kronleuchter und Wandkerzen, die im „Parzival“ die Hofgesellschaft
beleuchteten, mussten in der Realität oft genug durch Kienspäne aus
harzreichem Holz ersetzt werden, die man in Eisenringe oder in eiserne
Tischständer steckte. Die in Historienfilmen häufig vorkommenden
Fackeln hatten den Nachteil, dass sie rußten, so dass man statt dessen
auch die durch zahlreiche Grabungsfunde belegten Talglampen benutzte,
deren Dochte von Tierfett gespeist wurden.
Neben
dem Palas widmete man der Gestaltung der Burgkapelle besondere Sorgfalt,
denn die Ritterweihe verpflichtete den Ritter nicht nur zum Schutz von
Kirche, Witwen und Waisen, sondern forderte von ihm auch eine stete
Bezeugung seiner Frömmigkeit.
Während
die Wände der Kapelle mit religiösen Motiven verziert wurden,
dominierten im Wohnbereich profane Bildzyklen.
Das
Mobiliar nimmt sich im Gegensatz dazu eher bescheiden aus: Kleidung,
Bettlaken, Geschirr und Urkunden wurden in Truhen, Laden, Kästen oder
Schränken, die in Wandnischen eingelassen waren, verstaut. Wertvolle
Gegenstände, wie Kannen oder Pokale, bewahrte man in einer Kredenz -
einem offenen Schrank - auf.
Im
Bedarfsfall kamen im Saal zu den gemauerten Sitzgelegenheiten in den
Fensternischen hölzerne Bänke hinzu. Wurde die Tafel aufgetragen, so
stellte man zunächst kreuzweise verschränkte Untergestelle auf, auf die
man die Platten setzte. Bühnenartig hob sich der Bereich ab, in dem die
Herrschaft mit den Gästen speiste. Dazu kamen in vornehmen Hallen auch hölzerne
Emporen für Musikanten, die zu Essen und Tanz aufspielten. Der Faltstuhl
für den Herrn stellte eine Seltenheit dar. Erst im Spätmittelalter kamen
eigene Schlafgemächer auf, in denen die Burgfamilie - nackt - in Betten
schlief die durch verspannte Seile eine elastische Unterlage besaßen. Im
Vergleich dazu bestand das Nachtlager der Bediensteten in einfachen
Liegestätten aus Reisig, Stroh oder Moos.
Wichtig
für die Existenzsicherung war für den Alltag ebenso wie für die Zeit
einer Belagerung die Versorgung mit Wasser. In den wenigsten Fällen verfügte
man über eine gefasste Quelle in der Burg, sondern versorgte sich über
Ziehbrunnen oder fing das Regenwasser in unterirdischen Tank- und
Filterzisternen auf.
Alltagssorgen,
Enge, Gestank und Lärm.
Je
nach der Größe der Anlage verfügte die Burg über mehrere Scheunen und
Lagerräume für grundherrschaftliche Einkünfte und den auf den Burggütern
selbst erwirtschafteten Erträgen. Hinzu kamen Stallungen, wobei Pferde
als Fortbewegungsmittel und Statussymbole des berittenen Kriegers entgegen
anderem Großvieh im engeren Bereich der Hauptburg untergebracht waren.
Rein äußerlich lässt ein Bau mit pyramidenartigem Kaminschlot eine Küche
erkennen, und in der Vorburg arbeiteten neben einem Schmied weitere
Handwerker in ihren Werkstätten. Nicht selten treten bei archäologischen
Grabungen die häufig gefundenen Pfeilspitzen und Armbrustbolzen hinter
landwirtschaftliches Gerät zurück. Somit werden Sicheln, Rebmesser,
Gerteln, Schafscheren oder Netzschwimmer zu einem wichtigen Indiz für
Landwirtschaft und Viehzucht, Wald- und Holzwirtschaft, Weinbau und
Fischerei.
Die Burg sei eng und durch Viehställe verbaut, dunkle
Kammern enthielten Pech und Schwefel, Geschütze und weiteres Kriegsgerät.
Hinzu komme der Gestank von Pulver und der Dreck der Hunde, deren Gebell
sich mit dem Blöken von Schafen und dem Brüllen der Rinder mische.
Knarrende Karren und Fuhrwerke sowie das Schreien der Arbeiter auf dem
Feld täten ihr übriges. Schließlich sei der Wald so nahe, dass man
sogar das Heulen der Wölfe höre. Unter den Besuchern der Burg befänden
sich oft dubiose Gestalten, beständige Unruhe bestimme den Alltag. Die
Einteilung des Jahres mit Pflügen, Eggen, Säen, Düngen, Mähen und
Dreschen folgte dabei ganz dem Zyklus der Landwirtschaft.
Zu
den im Mittelalter allgemein üblichen Breien aus Hafer oder Hirse, den zu
Mus verkochten Rüben oder Gemüse kamen auf die herrschaftliche Tafel
neben Käse, Eiern und allerlei Obst auch weiße Semmeln, Wein und vor
allem Fleischspeisen. So verarbeitete die Hofküche der Bamberger Domburg
neben Hausgeflügel vor allem Rind-, Schweine- und Schaffleisch.
Dazu
kamen in der Fastenzeit große Mengen von Fisch, wie Karpfen, Hechte und
Forellen; geschätzt wurden auch Krebse. Es mag überraschen, dass sich
unter den Knochenfunden in der Regel nur ein geringer Anteil von
Wildtieren befindet, doch die Jagd war nicht existentielle Notwendigkeit,
sondern in erster Linie gesellschaftlicher Zeitvertreib. Das Bier galt bis
ins Spätmittelalter als ein „ unhöfisches‘ Getränk.
Die Zubereitung der Speisen erfolgte in der Küche an einer großen
Feuerstelle oder einem offenen, aufgemauerten Herd, über dem an eisernen
Gestellen Töpfe und Kessel hingen und sich Bratspieße drehten.
Dreibeinige Töpfe und langstielige Pfannen konnte man an oder ins Feuer
stellen. Der große Rauchabzug diente nicht nur der Verbesserung der Luft,
sondern wurde auch zum Räuchern von Würsten und Schinken genutzt. Neben
Honig und Birnensaft, Lebkuchen und den heimischen Kräutern und Gewürzen
aus dem bei keiner Burg fehlenden „Boumgarten“ oder „Gewürzgärtlein“
waren es vor allem exotische Gewürze, deren überschwängliche Verwendung
den Reichtum des Haushalts zur Geltung brachte.
Für gewöhnlich aß die Familie des Burgherrn ebenso
wie das Gesinde von einfachen flachen Holztellern, auf die das Fleisch aus
gemeinsamen Fleischschüsseln gelegt wurde. Getrunken wurde aus Bechern
von Ton oder Steinzeug. Soweit man beim Essen nicht die Finger benutzte,
behalf man sich mit Löffeln und Messern. Die Gabel kam als Essgerät erst
in der Neuzeit in Gebrauch.
So
sollte man weder rülpsen noch mit den Fingern in Senf oder Sauce greifen;
des weiteren abgegessene Knochen oder Brotreste nicht wieder in die Schüssel
legen, unfreundlich umherblicken oder ständig auf die Speisen starren.
Wenn man sich mit einem anderem Gast einen Becher teilte, hatte der Mund
vor dem Trinken leer zu sein. Saß man paarweise mit Frauen am Tisch,
sollte man nicht zu eng heranrücken und Derbheiten unterlassen.
Um
unliebsamen Gästen am eigenen Körner vorzubeugen, sollte man mit
frischer Kleidung erscheinen, so dass kein Ungeziefer auf die Tafel fiel.
Und im Falle des Falles wurden die Ritter aufgefordert, sich mit dem
Gewand und nicht mit der bloßen Hand zu kratzen.
Zwar werfen die letzten Ausführungen ein eher zwiespältiges
Licht auf die Körperpflege, doch gehörte eine Badestube im Erdgeschoss
des Palas oder ein eigenes Badehaus zur Ausstattung eines gehobenen
Adelssitzes. Da man Gästen oft ein Bad zu richten pflegte, sah sich in
der Geschichte „Der Nackte Bote“ein Neuankömmling entsetzt in der Badestube dem bekleideten Hausherrn und
seiner Familie gegenüber,
die sich in der kälteren Jahreszeit lediglich hierhin zurückgezogen
hatten.
Zur
Verrichtung der Notdurft suchte man ein „heimliches Gemach“ auf, das
mit einem kleinen Türchen verschlossen war, oder einen offenen
Abtrittserker, der über die Mauer ausragte.
Fernab des höfischen Treibens mit
Gesellschaftsspielen und Tanz fielen die Vergnügungen in der
Regel bescheiden aus. An langen Abenden und im
Winter waren Schach oder Tricktrack - unser
heutiges Backgammon - beliebte
Brettspiele.
Dazu kamen Würfelspiele, oder man musizierte mit Laute, Fiedel, Flöte
und Maultrommel.
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