Abenberg: Wie Phönix aus der Asche Rekonstruktion Burg Abenberg

In burgenkundlicher Hinsicht sehr bedeutend waren die Erkenntnisse, die sich aus der Burgenforschung an dieser Burg im Landkreis Roth ergaben. Diese bestanden aus der Auswertung von 1988-1992 im Burghof durchgeführten regulären Grabungen, nicht überarbeiteten fotogrammetrischen Aufnahmen und aus ergänzender Bauforschung an den noch unverputzten Bauteilen.

Letztlich gelang es trotz der nicht unerheblichen Substanz- und Informationsverluste durch die schon erfolgte Restaurierung und Sanierung, die Baugeschichte der Burganlage soweit aufzuschlüsseln, dass vier wesentlich Bauphasen bildhaft rekonstruiert werden konnten. 
Von diesen vier Bauphasen war die erste nur archäologisch über Fundamente und Ausbruchgruben erfassbar: eine um 1130/40 erbaute imposante Turmburg der mächtigen Abenberger Grafen (ca.1050-1200), die für museale Zwecke sowohl zweidimensional als auch dreidimensional rekonstruiert wurden.  Zeittypisch war das sorgfältig geschichtete kleinformatige Quadermauerwerk. Diese Turmburg, die zu den größten Bayern gehörte, blieb Bestandteil einer neuen, zwischen 1230 und 1250 von den Hohenzollern errichteten Ringmauerburg, die charakterisiert wird von Buckelquadern. Entlang der Ringmauer erhoben sich neben dem Palas mehrere Burgmannenhäuser. Steinmetzzeichen auf den Buckelquadern bewiesen, dass die Steinmetze von hier auf die Hohenzollernburgen Wernfels und Cadolzburg weiterzogen und dort tätig wurden. 

Darüber hinaus muss aufgrund auffälliger konzeptioneller Ähnlichkeiten ein- und derselbe Baumeister den Neubau der Burgen Abenberg und Cadolzburg geplant und realisiert haben. 1296 erwarb das Hochstift Eichstätt die Burganlage und richtete hier ein Pflegamt ein. Nun erfolgte vor allem ein Ausbau der Räumlichkeiten. In den 1880er Jahren erfuhr die vernachlässigte Burgruine glücklicherweise eine burgenromantisRekonstruktion Wohnturm um 1140che, neugotische Erneuerung, indem Baulichkeiten instandgesetzt und "ritterlich" eingerichtet, Türme und Erkertürmchen hinzugefügt und alles mit 
Miniaturzinnen garniert wurde.

Damit entpuppte sich die Burg Abenberg als ein für vier Bauepochen hochrangiges Objekt, an dem das Wachsen und Werden einer Burg in wichtigen zeittypischen Bauformen bis hin zur burgenkundlicher Rezeption im Historismus greifbar wird. Seriöse, dreidimensionale Inszenierungen in den beiden Ausstellungsräumen befreien diese neuen Informationen vom wissenschaftlichen Moder und erfüllten sie mit Leben. Dadurch werden modernste Aspekte der Burgenkunde, Burgenforschung, Baugeschichte und des Burglebens spannend und anschaulich vermittelt.  

  Interview: (Auszug) Dr. Joachim Zeune

Der selbständige Mittelalterarchäologe Dr. Joachim Zeune hat etwas geschafft, wovon die meisten Menschen nur träumen: Er hat seine Leidenschaft zum Beruf gemacht. Seit 1995 betreibt er in Bamberg ein „Büro für Burgenforschung“. DAMALS sprach mit ihm über diese in Deutschland einzigartige Einrichtung.

DAMALS:   Welche Art von Dienstleistungen bieten Sie in Ihrem „Büro für Burgenforschung“ an?
ZEUNE:
  Wir machen praktisch einen Komplettservice um Burgruinen und Burgen herum. Das geht von Bauforschung, Bauanalyse, Archäologie, Dokumentation, Schadenskartierung, Sanierungskonzepten über Archivalien bis hin zu didaktischen und 
touristischen Erschließungen und Publikationen.

DAMALS: Wie entstand die Idee, ein solches Büro einzurichten?
ZEUNE:  Es begann damit, dass ich als Jugendlicher schon sehr großes Interesse an Burgen hatte. Ein Problem war, dass es wenig gute Literatur gab. Ich habe mich dann als Autodidakt in die Burgenforschung eingearbeitet. Einen Lehrstuhl ab es ja damals noch nicht der besteht erst seit 1982 mit der Mittelalterarchäologie in Bamberg. Ich bin in diese Lücke hineingestoßen, habe an der Universität mein Wissen vervollständigt. Es bestand Bedarf, denn über Burgen wurde wenig seriöse Forschung betrieben. Von daher hat es sich angeboten, mich nach Beendigung der Unizeit in der Burgenforschung selbständig zu machen.

DAMALS: Finanziert sich Ihr Büro als reines Wirtschaftsunternehmen?
ZEUNE: Ja, wir arbeiten als Unternehmen. Und ich bin praktisch derjenige, der die anfallenden Arbeiten an die verschiedenen Mitarbeiter delegiert.


DAMALS:  Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
ZEUNE: Wir sind ziemlich viele Mitarbeiter aus lauter verschiedenen Disziplinen. Die moderne Burgenforschung ist eine interdisziplinäre Forschung, dementsprechend sind Kunsthistoriker, Historiker, Bauforscher und Archäologen beteiligt. Normal ist ein Umfang von ein oder zwei Projekten und etwa sechs Mitarbeitern.

DAMALS:
  Ihre Aufträge erhalten Sie aus dem ganzen Bundesgebiet?
ZEUNE:  Ja, aber auch aus dem Ausland. Wir haben Projekte in Österreich und Italien, im Moment sind wir dabei, eines in Frankreich aufzubauen.

DAMALS:
  Im 19. Jahrhundert stellte man bekanntlich einen völlig anderen Anspruch an Restaurierungen. Was halten Sie vom Wiederaufbau von Burgen, sowohl damals als auch heute?
ZEUNE:  Man muss natürlich immer im Auge behalten, dass eine Burg, so wie sie da steht, ein Geschichtsdokument mit einer ganz eigenen Baugeschichte ist. Es müssen etliche Dinge eingebaut werden: Entsorgung, Versorgung, sanitäre Anlagen und vieles mehr. Vom Originalbestand bleibt letztlich wenig übrig.


DAMALS:
Wo liegen heute die Schwierigkeiten bei der Burgsanierung?
ZEUNE:   Ein alter Streit in der Denkmalpflege besteht zwischen Restaurieren oder Konservieren. Erst in den letzten paar Jahren hat sich das Denkmalamt dazu entschlossen, auch einmal „nein“ zu sagen. Ich bin der Meinung, dass Rekonstruktionen besser im Kopf ablaufen sollten. Man kann zum Beispiel eine lnfotafel mit schönen Zeichnungen aufstellen, das ist eine sinnvolle Sache. Man kann doch eine Ruine einfach stehen lassen und sie für die Öffentlichkeit durch Infotafeln erschließen. Also eine sanfte Nutzung vornehmen, entgegen dem absoluten Nutzungswahn.

DAMALS:   Warum werden Maßnahmen genehmigt, die die alte Substanz zerstören?
ZEUNE:  Das hat viel mit dem sogenannten Freizeitwert zu tun. Es gab eine Zeit, in der Gemeinden entdeckten, dass das Mittelalter hohes Interesse in der Bevölkerung genießt. Eine Gemeinde im Bayerischen Wald zum Beispiel hatte eine kleine Burgruine mit einem etwa sechs Meter hohen Turmstumpf. Man fing dort an, die Burg nicht nur komplett auszugraben, sondern ihren Turm gleich aufzustocken und ihn in ein 24 Meter hohes Ungetüm zu verwandeln. Bei einem anderen Projekt ging es um eine Burgsanierung. Dort hatte sich ein „Verein zum Wiederaufbau der Burgruine“ gegründet. Seine Mitglieder haben mit der Sanierung ihrer Burgruine begannen, was am Anfang auch gut lief. Durch ein Burgfest bekam das Ganze aber eine Eigendynamik. Man fing an, Toiletten einzubauen, ein Dach einzuziehen, schließlich benötigte man abschließbare Räume, in denen man Bier und Nahrungsmittel lagern konnte. Dann hat man für eine Kellerbar ein Gewölbe eingebaut. Es wurden weitere Burgfeste veranstaltet, worauf die Gesundheitsbehörde mehr sanitäre Einrichtungen forderte. Auch die Versorgung musste ausgebaut werden. Am Schluss wurde im Bergfried ein Turmstüberl eröffnet, dann ein Museum eingerichtet. Schließlich sollte die Burg verschließbar werden, weshalb man die Burgmauern wiedererrichtet und ein Tor eingesetzt hat. Inzwischen veranstaltet man dort Musikfestivals und andere große Feste. Es findet eine intensive Nutzung statt, von der Ruine selbst ist gar nichts mehr zu erkennen.

DAMALS: Kann einem der Denkmalschutz helfen, gegen solche „Bausünden“ vorzugehen?
ZEUNE:  Die Denkmal pflege ist stellenweise einfach personell überfordert, hat zu viele Objekte zu betreuen und zuwenig Leute. Da immer weniger Geld vorhanden ist, werden oft einfach die billigsten Lösungen angestrebt. Andererseits wirkt sich die schlechte Finanzlage auch positiv aus: Heute achten die Träger wieder darauf, wie man mit wenig Geld möglichst viel sichern kann. Maßnahmen, die früher in einem Jahr passiert sind, ziehen sich heute über einen Zeitraum von drei, vier Jahren, was ein gutes Tempo für eine Sanierung ist. Man kann zwar weniger tun, aber das behutsamer. Daher ist es aus unserer Sicht gar nicht mal schlecht, dass nicht mehr in dem Maß Geld vorhanden ist, auch wenn man manchmal ins andere Extrem abrutscht.  

Eine Ruine so zu sanieren, dass sie noch ein paar hundert Jahre hält und man nicht das Gefühl hat, etwas zerstört zu haben, ist Verantwortung genug. Das ist die Philosophie, die ich habe und die meine Mitarbeiter teilen.

Das Interview führte Benedikt Leder.